Das 100.000€-Problem: Warum manuelle Produktprozesse Ihr Unternehmen ausbremsen

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Autorenbild Damian Dessler

Damian Deßler

20 / 10 / 25·4 Min Lesen

Produktdatenprozesse

Workflows im PIM: Effizienz statt Warteschleifen

Letzte Woche saß ich bei einem mittelständischen Maschinenbauer. 450 Mitarbeitende, 12.000 Produktvarianten, stolze 40 Jahre Marktpräsenz. Der Produktmanager zeigte mir ihre „optimierte“ Produkteinführung: eine Excel-Liste mit 127 Spalten, 23 verschiedene E-Mail-Verteiler und ein Freigabeprozess, der sich über 6 Wochen hinzieht.

„Wir sind eigentlich ganz gut organisiert“, meinte er.

Schweigen.

 

Die versteckten Kostentreiber

Was dieser Produktmanager nicht sah – und was ich in 20+ Jahren PIM-Projekten immer wieder erlebe – sind die unsichtbaren Zeitfresser, die Unternehmen systematisch ausbremsen. Nicht die offensichtlichen Probleme wie „Excel ist langsam“ oder „E-Mails gehen verloren“. Nein, die wirklich teuren Fallen sind subtiler.

 

Fallen-Kategorie 1: Die Coordination Tax

Ein neues Produkt durchläuft typischerweise 15-20 Stationen: Das Produktmanagement definiert Spezifikationen, das Marketing-Team schreibt Texte, die Technikabteilung erstellt Datenblätter, die Übersetzung lokalisiert, E-Commerce pflegt Kategorien und der Vertrieb definiert Preise.

Das Problem? Alle warten aufeinander.

Während der Grafiker auf die finalen Texte wartet, kann er nicht mit den Produktbildern anfangen. Die Übersetzerin kann erst loslegen, wenn das Marketing fertig ist. Der E-Commerce-Manager hängt herum, bis alle Produktdaten und Bilder da sind.

Realität: Von 6 Wochen Durchlaufzeit sind nur 8-12 Stunden aktive Arbeitszeit. Der Rest ist Warten.

Kostenschätzung: Bei 50 Produkteinführungen pro Jahr und einem durchschnittlichen Stundensatz von 65€ sprechen wir von 130.000€ reiner Wartezeit-Kosten.

 

Fallen-Kategorie 2: Der Context-Switch-Killer

Neulich erzählte mir eine Produktmanagerin: „Montags mache ich Freigaben, dienstags Übersetzungen prüfen, mittwochs neue Produkte anlegen…“

Hier liegt der Hase im Pfeffer. Jeder Aufgabenwechsel kostet 15-25 Minuten Einarbeitungszeit. Das Gehirn muss neu fokussieren, Kontext wieder aufbauen, sich an Besonderheiten erinnern.

Bei 8-12 verschiedenen Produktprozessen pro Tag sind das 2-3 Stunden reine Umschaltzeit.

 

Fallen-Kategorie 3: Die Qualitäts-Eskalations-Spirale

Das erkenne ich sofort: Produktdaten werden manuell zwischen Systemen kopiert, E-Commerce-Teams „interpretieren“ technische Spezifikationen, Marketing erfindet Produkteigenschaften, weil die Datenblätter noch nicht fertig sind.

Die Folge : 30-40% aller neuen Produkte müssen nachkorrigiert werden. Und Nachkorrekturen sind 5x teurer als es direkt richtig zu machen.

 

Der Workflow-Wendepunkt: Von Sequential zu Intelligent

Was wäre, wenn Produkteinführung nicht mehr wie eine Fließband-Kette funktioniert, sondern wie ein intelligentes Orchester?

Stellen Sie sich vor:

  • Parallele Bearbeitung: Während das Marketing-Team Texte schreibt, generiert das System automatisch erste Datenblätter aus Techdaten
  • Intelligente Routing: Standardprodukte durchlaufen Express-Workflows, komplexe Neuheiten bekommen intensive Qualitätschecks
  • Proaktive Eskalation: Das System erkennt Verzögerungen und löst automatisch Plan-B-Szenarien aus

 

BPMN trifft PIM: Warum visuelle Automation funktioniert

Der Grund, warum die meisten Workflow-Tools in PIM-Umgebungen scheitern, ist simpel: Sie sind zu technisch oder zu simpel.

  • Zu technisch: nur IT kann sie bedienen.
  • Zu simpel: komplexe Produktprozesse können nicht abgebildet werden.

BPMN (Business Process Model and Notation) löst dieses Dilemma elegant. Es ist international standardisiert, visuell verständlich und trotzdem mächtig genug für komplexe Automatisierung.

Schauen Sie sich diese typische Produktfreigabe an:

Was Sie sehen:

  • Diamant-Symbol und Entscheidungs-Gateway: Entscheidungspunkt (z. B. Standardprodukt oder Sonderentwicklung?) – Kann parallel laufen oder eine exklusive Entscheidung basierend auf Parametern sein
  • Service Tasks (Grün): Automatische Aktionen die Systemgestützt laufen
  • Manuelle User Tasks (Orange): Menschliche Eingabe erforderlich

Das Geniale: Ihre Produktmanager:innen verstehen das sofort. Keine kryptischen Code-Schnipsel, keine IT-Hieroglyphen.

 

Die 5-Minuten-Realität

Ein Praxisbeispiel: Neulich implementierte ich bei einem Elektronikhändler eine scheinbar simple Automation: „Wenn neues Produkt angelegt wird, dann automatisch Kategorien zuordnen und Preiskalkulation starten.“

Aufwand in der alten Welt: 3 E-Mails, 2 Excel-Updates, 1 Telefonat, 45 Minuten Bearbeitungszeit.

Aufwand mit intelligenter Automation: 0 menschliche Interaktion, 30 Sekunden Systemzeit.

Das Ergebnis nach 6 Monaten:

  • 67% schnellere Time-to-Market
  • 89% weniger Datenfehler
  • 156.000€ eingesparte Personalkosten

 

Die unbequeme Wahrheit über Quick-Fixes

Aber Moment mal – warum lösen Unternehmen diese Probleme nicht einfach mit mehr Personal oder besseren Excel-Templates?

Weil manuelle Prozesse nicht skalieren.

  • 10% mehr Produkte = 15% mehr Aufwand (wegen Koordinations-Overhead).
  • Doppelt so viele Produkte = 3x mehr Chaos.

Ich habe Unternehmen gesehen, die versucht haben, Produktkomplexität mit mehr Mitarbeitern zu lösen. Das funktioniert bis etwa 500-800 aktive SKUs. Danach kollabiert das System.

 

Der Wendepunkt: Wann wird Automation zum Muss?

Nach 20+ Jahren Projekterfahrung erkenne ich die Warnsignale sofort:

  • Red Flag 1: Time-to-Market über 8 Wochen
  • Red Flag 2: Mehr als 3 „Produktdaten-Experten“ nötig
  • Red Flag 3: Freigabeprozesse mit mehr als 5 Stufen
  • Red Flag 4: Regelmäßige „Datenbereinigungsaktionen“

Falls 2 oder gar mehr dieser Punkte zutreffen, sind die manuellen Prozesse bereits am Limit. Was kommt als Nächstes?

Im nächsten Artikel zeige ich Ihnen, wie ein moderner BPMN-Workflow aussieht – Schritt für Schritt, mit echten Screenshots aus der ATAMYA Product Cloud. Sie werden sehen, wie Sie in 20 Minuten einen Automatismus aufbauen, der Ihnen 200+ Stunden pro Monat spart.

Aber bis dahin eine Hausaufgabe: Stoppen Sie die Zeit bei Ihrer nächsten Produkteinführung. Notieren Sie jeden Warteschritt, jeden Rückfragen-Loop, jeden „Das muss ich erst nochmal prüfen“-Moment.

Sie werden überrascht sein.

Autor:
Damian Deßler
Senior MDM/PIM Consultant & Digital Transformation Architect bei synfion

Informationen zum Autor

 

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