Product Experience im B2B: Warum jetzt der Wendepunkt kommt

Blog Image PXM im B2B
Inhalt
Autorenbild Tiffany Wiener von ATAMYA

Tiffany Wiener

20 / 11 / 25·8 Min Lesen

Digital Experience

PXM als Gamechanger? Ein Interview mit communicode & ATAMYA

Wir alle kennen die Macht der Gewohnheit. Wenn wir heute online einkaufen, erwarten wir reibungslose Abläufe, intuitive Navigation und passgenaue Empfehlungen – ein Erlebnis, das uns große Plattformen längst angewöhnt haben. Einloggen, stöbern, vergleichen, entscheiden: schnell, klar, unkompliziert. Kund:innen erwarten heute Klarheit, Geschwindigkeit und sofort zugängliche Informationen – im B2C genauso wie im B2B. Doch hier treffen diese Erwartungen auf komplexe Produkte, variantenreiche Sortimente und unterschiedliche Zielgruppen. Wer Maschinen, Komponenten oder technische Systeme verkauft, braucht präzise strukturierte Produktinformationen, die von allen relevanten Zielgruppen schnell gefunden werden – ob Fachplaner:in, Techniker:in oder Entscheider:in.

Früher wurden Kaufentscheidungen vor allem von technischen Fakten dominiert. Heute entscheidet die Qualität der digitalen Product Experience darüber, ob ein Unternehmen überhaupt in die engere Auswahl kommt. Wie gelingt es also, komplexe Sortimente einfach erlebbar zu machen? Und welche Rolle spielen PIM, KI und Automatisierung? Darüber spricht Tiffany Wiener, ATAMYA Senior Managerin Demand Generation & Partner Marketing mit drei Expert:innen, die seit Jahren an der Schnittstelle von Daten, Technologie und Customer Experience arbeiten.

Unsere Interviewpartner

Michael Ochtrop – communicode AG
Mitgründer von communicode und seit über 20 Jahren Experte für Informationsmanagement, Systemevaluierung und PIM-Einführungen. Er entwickelt fachliche und prozessuale Konzepte und weiß: Software wirkt erst dann, wenn Menschen und Prozesse mitziehen.

Stephanie Ebbert – communicode AG
UX-Designerin mit Fokus auf komplexe B2B- und B2C-Plattformen. Für sie entsteht gute Product Experience nicht durch „schönes Design“, sondern durch echtes Nutzerverständnis, Tests und Psychologie.

David Klein – ATAMYA
Senior Consultant bei ATAMYA. Er begleitet Unternehmen in allen Branchen auf dem Weg zu besseren Produktdatenprozessen – für eine Customer Journey, die vom ersten Klick bis zur finalen Entscheidung trägt.

 

Warum ist eine gute Product Experience im B2B heute unverzichtbar?

Stephanie Ebbert: Kund:innen erwarten im B2B dieselbe Usability wie im B2C. Sie wollen Produkte schnell verstehen, vergleichen und sicher einschätzen können. Gute Product Experience bedeutet: vollständige und korrekte Informationen, klare Strukturen, aussagekräftige Bilder und Funktionen wie Filter oder Vergleichstabellen. Wer keine überzeugende Product Experience bietet, wird oft gar nicht erst in die engere Auswahl genommen.

David Klein: Und B2B-Content wird viel zielgruppenspezifischer. Fachhandel, Installateur:innen, technische Einkäufer:innen – alle haben unterschiedliche Bedürfnisse. Dasselbe Produkt muss in völlig unterschiedlichen Kontexten funktionieren.

 

Wie gelingt es Unternehmen, komplexe Produkte und Varianten so zu gestalten, dass sie eine überzeugende Product Experience bieten?

Michael Ochtrop: Die Wahrheit ist: Viele B2B-Unternehmen haben ihre Variantenlandschaft jahrelang nicht sauber aufgebaut, weil der Vertrieb vieles manuell geklärt hat. Jetzt wird es digital und plötzlich zeigt sich, dass System- und Datenstrukturen fehlen.

Stephanie Ebbert: Komplexität darf nicht sichtbar sein. Intuitive Suche, Filter und vollständige Produktseiten mit allen relevanten Infos – alles muss den Nutzern helfen, schnell zur passenden Lösung zu kommen.

David Klein: Vergleiche schaffen ist essenziell. Egal ob Smartphone oder komplexes Industriegut: Menschen suchen nach Orientierung. Und Product Experience bedeutet auch, alles rund ums Produkt mitzudenken: Zubehör, Pflegehinweise, Serviceverträge. Unser Kunde Christ Juweliere macht das vor: Sie verkaufen nicht nur hochwertigen Halsschmuck, sondern zeigen, wie man sie pflegt. Das stärkt Kaufentscheidungen und Vertrauen.

 

Welche Voraussetzungen müssen in Unternehmen geschaffen werden, um eine durchgängige Product Experience über alle Kanäle hinweg sicherzustellen?

Michael Ochtrop: Klingt banal, ist aber der Kern: Eine gemeinsame Datenbasis! Die Produktinformationen müssen zentral, aktuell, qualitativ hochwertig und möglichst granular vorliegen. Und sie müssen verfügbar sein: über klare Schnittstellen, ohne dass jedes Mal ein neues Integrationsprojekt gestartet werden muss. Aber es reicht nicht, einfach ein PIM-System einzuführen. Denn was in der Praxis oft unterschätzt wird, ist die Organisation. In vielen Unternehmen sind Produktbereiche wie kleine eigene Einheiten organisiert. Wenn dann online eine einheitliche Darstellung über alle Bereiche hinweg entstehen soll, müssen sich diese Teams auf gemeinsame Prozesse einigen. Das ist echtes Change Management – häufig die größte Herausforderung.

 

Gibt es im B2B überhaupt Platz für Emotionen?

Stephanie Ebbert: Ja, unbedingt. Auch im B2B treffen Menschen Entscheidungen – und Menschen reagieren emotional. Eine gute Product Experience schafft nicht nur Funktionalität, sondern auch Vertrauen und Sicherheit. Wenn ein Kunde merkt: ‚Ich finde alle Produktinformationen schnell, ich kann mich darauf verlassen, dass sie korrekt sind‘, dann baut das Vertrauen auf. Und ohne dieses Vertrauen wird man im B2B oft gar nicht erst in die engere Auswahl genommen – egal wie gut das Produkt ist.

 

Wie helfen KI und Automatisierung, ohne den menschlichen Faktor zu verlieren?

David Klein: Ohne Automatisierung geht es heute gar nicht mehr. Die Time-to-Market ist entscheidend und mit manuellen Prozessen dauert das einfach zu lange. KI ist da sehr hilfreich. Sie hilft zum Beispiel beim Übersetzen, beim Generieren von Textvorschlägen, bei Datenchecks. Aber, wir brauchen den Human in the Loop: Nur Menschen können beurteilen, ob Content wirklich sinnvoll ist.

 

Welche KI- und Automatisierungs­features sind im B2B besonders relevant?

David Klein: Im B2B nimmt Automatisierung vor allem Arbeit ab. Ein gutes Beispiel ist der Smart Import in der ATAMYA Product Cloud: Er erkennt, um welche Produkte es sich handelt, ordnet Daten automatisch zu und liefert einen ersten Vorschlag, diesen muss man nur noch kurz prüfen und bei Bedarf anpassen. KI hilft außerdem dabei, unterschiedliche Zielgruppen zu bedienen. Installateur:innen brauchen Montagehinweise und Zubehör – der Fachhandel dagegen Preise, Mengen oder Gewichte. Diese Kontexte können wir automatisiert erzeugen. Und KI findet Fehler, die im Alltag leicht übersehen werden. Neulich hat sie etwa einen angeblichen 60-Zoll-Monitor als 60-Zentimeter-Produkt erkannt. Solche Checks sind Gold wert.

 

Quick Wins: Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um ihre Product Experience direkt zu verbessern?

Michael Ochtrop: Wir starten in Projekten oft mit Quick Wins – kleinen Maßnahmen, die schnell Mehrwert bringen. Eine Kompaktanalyse der Produktseiten zeigt meist schon kleine UX-Anpassungen, die sofort Wirkung haben. Und viele Unternehmen nutzen vorhandene Potenziale nicht: Wenn Bilder oder Assets mit sauberer Namenskonvention geliefert werden, lässt sich das zur automatischen Zuordnung nutzen. Das spart enorm Zeit und schafft schnelle Erfolge. Ein Beispiel: Ein Kunde hatte rund 40.000 Produkte, aber nur etwa 100 davon mit Rich Content gepflegt, weil alles manuell lief. Mit einem PIM konnten wir über 1.000 Produkte automatisiert mit Rich Content ausstatten und so messbar mehr Umsatz erzielen.

David Klein: Und klar: Schnelles Onboarding ist ein Quick Win. Mit ATAMYA können Unternehmen in 30 Minuten starten – mit Standard-Schnittstellen, Workflows und einer klaren Oberfläche. Das sorgt dafür, dass Nutzer:innen sofort Wert spüren.

 

Was sind die häufigsten Fehler, die Unternehmen vermeiden sollten, wenn sie ihre Product Experience optimieren wollen?

David Klein: Ein häufiger Fehler ist, Datenmodelle streng nach einer Klassifikation aufzubauen. Das funktioniert so lange, bis man plötzlich multiklassifizieren muss und dann fällt das ganze Modell auseinander. Viele versuchen außerdem, Produktdaten in Excel, im Shop-Backend oder sogar in der Warenwirtschaft zu pflegen. Das geht irgendwann nicht mehr, ist fehleranfällig und kaum ausleitbar.

Michael Ochtrop: Oft wird unterschätzt, wie wichtig Zielgruppenverständnis und Organisation sind. Viele denken: ‚Das machen wir selbst‘ – ohne zu klären, was Nutzer:innen wirklich brauchen. Und genauso häufig will man alles auf einmal lösen, statt Quick Wins mit klarem Business Value zu priorisieren. Ein weiterer typischer Fehler: Systeme bis zur Unkenntlichkeit anpassen, statt Prozesse zu optimieren. Das führt zu technischen Schulden und verhindert Updates.

 

Wie können Unternehmen ihre Product Experience so gestalten, dass sie flexibel auf neue Anforderungen, Märkte und Kanäle reagieren können?

Michael Ochtrop: Mit klaren Leitlinien: technologisch, organisatorisch, datengetrieben. Eine zentrale API, ein zentrales Designsystem, serviceorientierte Architektur – all das sorgt dafür, dass Erweiterungen skalieren und Abteilungen nicht ihr eigenes Süppchen kochen.

David Klein: Cloud, Microservices, Headless und APIs nach den MACH Prinzipien – das ist Zukunft. Keine Server nachrüsten, keine veralteten Plugins. Moderne Plattformen skalieren automatisch.

 

Welche Rolle spielt Datenqualität für die Product Experience?

David Klein: Alles. Ohne Qualität keine Experience. Nutzer:innen vergleichen unterschiedlich, also brauchen sie viele technische Fakten, sauber strukturiert und zielgerichtet. Keine Textwüsten, sondern klare Daten, Listen und Verknüpfungen wie Cross-Seller, Ersatzteile, Serviceverträge und vieles mehr.

Michael Ochtrop: Sobald ein Fehler auffällt, ist Vertrauen weg. Konsistenz, Aktualität, fachliche Richtigkeit sind nicht nur Datenanforderungen, sondern Business-Anforderungen.

 

Was ist der wichtigste Hebel, um die Product Experience nachhaltig zu verbessern?

Michael Ochtrop: Für mich gibt es zwei zentrale Hebel: Erstens ein sauberer PIM-Prozess mit einer zentralen, qualitativ hochwertigen Datenbasis. Zweitens die zielgruppengerechte Aufbereitung der Informationen im jeweiligen Kanal.
Was Unternehmen oft unterschätzen, sind ihre Altlasten. Wir hatten Projekte, in denen rund 7 Millionen Assets im alten System lagen – und nach der Migration stellte sich heraus, dass nur etwa 10 % davon wirklich genutzt wurden. 90 % waren über Jahre gewachsene Dateien, die niemand mehr brauchte. Solche Altlasten bremsen jedes PIM- oder PXM-Projekt, technisch wie organisatorisch. Wer sie konsequent abbaut, schafft die Basis für Effizienz und Skalierung.

David Klein: Und dafür muss alles an einem Ort gepflegt werden können. Ein System, das Produktdaten zentral bündelt und für alle Kanäle vorbereitet – genau das macht den Unterschied.

 

Fazit: Product Experience im B2B ist heute ein strategischer Faktor.

Product Experience im B2B ist kein Nice-to-have mehr – sie entscheidet darüber, ob Unternehmen überhaupt sichtbar werden. Wer seine Produktdaten beherrscht, erschließt neue Märkte, verbessert Sales-Prozesse und schafft Vertrauen. Und genau dafür braucht es die Kombination aus guter Technologie, guter Organisation und echter Nutzerorientierung.

Erleben Sie PXM in der Praxis – live auf der ThinkChange in Essen

 27. November 2025 | ab 13:00 Uhr | communicode, Wittekindstr. 1a, 45131 Essen

Unsere Expert:innen geben Einblicke aus echten Kundenprojekten, zeigen Best Practices aus PIM, KI und Automatisierung und diskutieren, wie moderne PXM-Prozesse im B2B nachhaltig wirken.

Jetzt kostenfrei anmelden

Event Image ThinkChange communicode 2