Cyber Resilience Act: Was die neue EU-Verordnung für digitale Produkte bedeutet

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Autorenbild Anja Missenberger

Anja Missenberger

25 / 11 / 25·7 Min Lesen

Digital Experience

Wie Unternehmen mit strukturierten Produktdaten und PIM-Systemen die neuen Anforderungen meistern

Produkte mit digitalen Komponenten sind längst fester Bestandteil unseres Alltags – von smarten Haushaltsgeräten bis hin zu industriellen IoT-Anwendungen. Mit der wachsenden Zahl vernetzter Systeme steigt jedoch auch die Angriffsfläche für Cyberangriffe. Sicherheitslücken gefährden heute nicht nur einzelne Nutzer:innen, sondern ganze Unternehmen, kritische Infrastrukturen und letztlich das Vertrauen in Technologie.

Bislang gab es in der EU keine einheitliche Regelung, um Cybersicherheit bei Produkten verbindlich sicherzustellen. Der Cyber Resilience Act (CRA) der Europäischen Union ändert das grundlegend. Er schafft erstmals einen verpflichtenden Rechtsrahmen für Produkte mit digitalen Elementen und macht Cybersicherheit zu einem Qualitätsmerkmal.

Mit dem Cyber Resilience Act wird europaweit geregelt, wie sicher Hard- und Softwareprodukte sein müssen, wenn sie auf den Markt kommen. Für Hersteller, Händler und Importeure bedeutet das: Cybersicherheit wird zur Pflicht und zwar über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg.

Doch was genau steckt hinter der Verordnung? Und warum spielt Datenmanagement dabei eine zentrale Rolle? Das erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

 

Was ist der Cyber Resilience Act?

Der Cyber Resilience Act ist eine EU-Verordnung, die Mindeststandards für die Cybersicherheit von Produkten mit digitalen Elementen festlegt. Ziel ist es, Sicherheitslücken frühzeitig zu identifizieren, zu beheben und damit die Produkte widerstandsfähiger gegen Cyberangriffe zu machen.

Betroffen sind alle Produkte, die direkt oder indirekt mit dem Internet verbunden sind, von Industrieanlagen über Router bis hin zu Smart-Home-Geräten. Softwarelösungen, die mit diesen Produkten interagieren oder Teil der Produktfunktion sind, fallen ebenfalls in den Geltungsbereich.

Der CRA verfolgt das Ziel, ein einheitliches, hohes Cybersicherheitsniveau für Produkte mit digitalen Elementen sicherzustellen, – über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Betroffen sind damit nahezu alle Produkte, die Software enthalten oder eine Netzwerkverbindung ermöglichen, wie vernetzte Geräte, industrielle Steuerungssysteme, Betriebssysteme, Embedded Software sowie Cloud-verbundene Anwendungen und Plattformen. Ausgenommen sind nur wenige Sektoren, etwa Medizinprodukte, Fahrzeuge oder Luftfahrttechnik, weil es hierfür gesonderte Regelungen an anderer Stelle gibt. Auch Open-Source-Software ist nur dann ausgenommen, wenn sie nicht-kommerziell bereitgestellt wird. Sobald Open-Source-Komponenten in einem kommerziellen Produkt verwendet werden, sind die Anforderungen des CRA zu erfüllen.

 

 

Was ändert sich für Hersteller und Händler konkret?

Der CRA bringt tiefgreifende Pflichten für Hersteller, Importeure und Händler mit sich. Er verlangt, dass Cybersicherheit nicht länger eine optionale Maßnahme nach der Produktveröffentlichung ist, sondern bereits in der Produktentwicklung eine zentrale qualitative Anforderung wird. Kurzum: Cybersicherheit wird zu einer integralen Produktanforderung und kein nachträgliches Add-on mehr.

  • Security-by-Design und Security-by-Default
    Sicherheitsanforderungen müssen von Beginn an in den Entwicklungsprozess integriert werden. Produkte müssen in einer sicheren Standardkonfiguration ausgeliefert werden, die jederzeit wiederhergestellt werden kann.
  • Lebenszyklusübergreifende Verantwortung
    Hersteller sind verpflichtet, über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg Schwachstellen zu überwachen, Updates bereitzustellen und Supportzeiträume zu definieren.
  • Dokumentations- und Nachweispflichten
    Unternehmen müssen eine technische Dokumentation sowie eine Software Bill of Materials (SBOM) führen, also eine vollständige Liste aller verwendeten Softwarekomponenten inklusive Open-Source-Bibliotheken. Diese Dokumentation muss auf Anfrage den nationalen Behörden wie dem BSI vorgelegt werden.
  • Risikomanagement und Incident Handling
    Sicherheitsvorfälle müssen erfasst, bewertet und gemeldet werden. Unternehmen müssen Prozesse für Vulnerability Management, Incident Response und Patch Management etablieren.
  • Konformitätsbewertung und CE-Zeichen
    Die CRA-Konformität ist künftig Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung. Ohne Nachweis der Anforderungen darf ein Produkt nicht mehr auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden.

 

Fristen und Übergangsregelungen

Die Verordnung (EU) 2024/2847 wurde am 23. Oktober 2024 verabschiedet und trat im Dezember 2024 mit einer Übergangsfrist bis 2027 in Kraft. Die Übergangsfristen sind wie folgt festgelegt:

  • Dezember 2024: Inkrafttreten des CRA
  • Ab Juni 2026: Konformitätsbewertungsstellen können die Erfüllung der Anforderungen bewerten (Auditfähigkeit)
  • Ab September 2026: Meldepflicht für Schwachstellen und Sicherheitsvorfälle
  • Dezember 2027: Ende der dreijährigen Übergangsfrist, ab diesem Zeitpunkt gelten alle Anforderungen verbindlich: Hersteller, Händler und Importeure müssen die vollständige CRA-Konformität erreicht haben, inklusive Risikoanalyse, Dokumentation, Update-Prozesse und Nachweisführung
  • Ab Dezember 2027: Nur noch CRA-konforme Produkte mit CE-Kennzeichnung dürfen in den europäischen Markt gebracht werden.

Für viele Unternehmen bedeutet das: Die Zeit für strategische Vorbereitung ist jetzt. Ohne Vorbereitung wird der CRA zum Geschäftsrisiko. Denn ohne CRA-Konformität gibt es künftig keine CE-Kennzeichnung und ohne CE-Kennzeichnung keinen Verkauf in der EU.

 

Warum strukturierte Produktdaten entscheidend sind

Cybersicherheit beginnt nicht mit Technik, sondern mit klaren, konsistenten und nachvollziehbaren Prozessen und Vorgehensweisen. Der CRA verlangt vollständige technische Dokumentationen, Risikobewertungen und Nachweise. All das basiert auf einer sauberen Datenarchitektur. Fehlen zentrale Informationen, drohen Lücken, Dubletten und Fehler. Das ist ein Compliance-Risiko mit potenziell hohen Bußgeldern.

Gerade für Hersteller, Händler und E-Commerce-Unternehmen gilt: Nur wer seine Produktdaten zentral verwaltet, kann den Aufwand für Nachweispflichten, Auditierungen und Update-Verfolgung effizient beherrschen.

 

Von der Cyberresilienz zur Datentransparenz: Der digitale Produktpass als logische Erweiterung

Der Cyber Resilience Act steht nicht allein. Ab 2027 wird mit dem digitalen Produktpass (DPP) ein weiteres zentrales EU-Instrument verpflichtend, zunächst für Produktgruppen wie Batterien, Textilien und Elektronik. Darüber hinaus werden auch die Regelungen zur Produkthaftung überarbeitet. Alle Regulierungen verfolgen dasselbe Ziel: vertrauenswürdige, sichere und transparente Produkte im europäischen Markt und eine klare Regelung der Verantwortlichkeiten.

Der CRA fokussiert auf Sicherheit und Nachweisbarkeit. Der DPP legt den Schwerpunkt auf Transparenz und digitale Zugänglichkeit. Die Produkthaftung regelt die weiteren Konsequenzen beim Eintritt von Schäden. Das entscheidende Bindeglied sind die zugrundeliegenden Daten.

Die gleichen Daten, die für den CRA dokumentiert werden, bilden die Grundlage für den digitalen Produktpass. Technische Beschreibungen, Software-Versionen, Sicherheits- und Lebenszyklusinformationen müssen künftig nicht nur sicher gepflegt, sondern auch digital zugänglich gemacht werden. Diese müssen interoperabel, maschinenlesbar und über standardisierte Schnittstellen bereitgestellt werden. Damit wächst zusammen, was bislang getrennt war. Sicherheit und Nachhaltigkeit werden zwei Seiten derselben Produktverantwortung.

 

PIM als Brücke zwischen CRA-Compliance und digitaler Produkttransparenz

Ein Product Information Management (PIM)-System wird in diesem Zusammenhang zum zentralen Bindeglied zwischen technischer Sicherheit und organisatorischer Compliance. Ein modernes PIM unterstützt zentrale Verwaltung aller produktrelevanten Informationen, Versionierung und Audit-Fähigkeit, Integration von SBOM, CE-Dokumentation und Risikoanalysen sowie Schnittstellenfähigkeit zur automatisierten Weitergabe von Daten an Produktpässe oder Behördenportale. So entsteht eine einheitliche Datenbasis, die es Unternehmen ermöglicht, sowohl CRA-Anforderungen als auch DPP-Vorgaben mit minimalem Mehraufwand zu erfüllen.

Wer heute ein strukturiertes Datenmanagement aufbaut, erfüllt morgen zwei regulatorische Pflichtfelder gleichzeitig: Sicherheit und Transparenz.

 

Warum Datenmanagement jetzt entscheidend für Ihren Geschäftserfolg wird

Ohne einheitliche Datenstrukturen lassen sich die neuen Anforderungen kaum umsetzen. In vielen Unternehmen liegen Produktinformationen verteilt über Abteilungen, Tools und Standorte. Das birgt Risiken für Compliance, Effizienz und Sicherheit.

Ein modernes PIM-System schafft hier Abhilfe:

  • Zentrale Datenhaltung: Alle produktbezogenen Informationen liegen an einem Ort.
  • Schnellere Audit-Fähigkeit: Nachweise und Dokumentationen sind sofort verfügbar.
  • Höhere Datenqualität: Weniger Redundanzen, mehr Konsistenz.
  • Automatisierte Reports: Compliance- und Produktdaten können direkt in den digitalen Produktpass überführt werden.

Das spart Zeit, Kosten und reduziert Fehlerquellen. Angesichts möglicher Bußgelder von bis zu 15 Millionen Euro oder 2,5 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

 

Fazit: Der CRA ist mehr als eine regulatorische Pflicht

Der Cyber Resilience Act ist kein bürokratisches Hindernis, sondern eine Chance, Sicherheit als Qualitätsmerkmal zu etablieren. Unternehmen, die Cybersicherheit und Datenmanagement jetzt strategisch verbinden, sichern sich nicht nur Compliance-Vorteile, sondern auch Wettbewerbsvorsprung und Kundenvertrauen.

Wer Produktinformationen zentral verwaltet, Updates dokumentiert und Prozesse transparent gestaltet, legt den Grundstein für echte Cyberresilienz und wird den kommenden Anforderungen der EU souverän begegnen.

Autorin:
Anja Missenberger
Head of Marketing bei carmasec

Informationen zur Autorin

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