BPMN für PIM-Manager: In 20 Minuten vom Chaos zur Klarheit

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Autorenbild Damian Dessler

Damian Deßler

09 / 12 / 25·7 Min Lesen

Prozessoptimierung

BPMN das smarte Workflow-Tool

Neulich fragte mich ein Produktmanager: „BPMN klingt nach einem weiteren IT-Monster. Brauche ich wirklich noch ein Tool, das nur Techniker verstehen?“

Meine Antwort überraschte ihn: „BPMN ist das Gegenteil. Es ist das erste Workflow-Tool, das Sie ohne IT-Abteilung bedienen können.“

Nach 20 Minuten Live-Demo hatte er seinen ersten Produktfreigabe-Workflow gebaut. Ohne eine Zeile Code. Ohne IT-Ticket. Ohne monatelange Implementierung.

 

Warum 90 Prozent aller Workflow-Tools in PIM-Umgebungen scheitern

Die meisten Workflow-Lösungen fallen in zwei Kategorien und beide stoßen schnell an ihre Grenzen:

Kategorie 1: Die „Einfachen“

  • Zapier, Microsoft Power Automate, einfache If-This-Then-That Tools
  • Das Problem: Können keine komplexen Produktprozesse abbilden
  • Realität: Sobald Sie mehr als 3 Entscheidungspunkte haben, wird es chaotisch
  • PIM-Problem: Keine native Integration – Produktdaten müssen über APIs „herausgezogen“ werden

Kategorie 2: Die „Mächtigen“

  • SAP Workflow, Oracle BPM, IBM Business Process Manager
  • Das Problem: Brauchen IT-Experten für jede Änderung
  • Realität: 6 Monate Setup, 50.000€ Budget, trotzdem unflexibel
  • PIM-Problem: Leben in separaten Systemen – PIM-Daten sind „Fremdkörper“

 

Das Integrations-Dilemma

Der eigentliche Schmerzpunkt liegt in der Integration: Externe Workflow-Tools verstehen Ihre Produktdaten nicht. Sie sehen nur „generische Datensätze“ statt Produktmerkmale, Kategorien, Varianten und Qualitätsregeln.

Die Folge: Stundenlange Mapping-Arbeit, um dem Workflow beizubringen, was ein „Produkttyp“ ist oder wie „Datenqualität“ gemessen wird.

BPMN in der ATAMYA Product Cloud löst beide Probleme elegant: Visuell wie ein Flowchart, mächtig wie Enterprise-Software und vollständig in Ihre Produktdaten integriert. Die Workflow-Engine arbeitet direkt mit den echten Produktdaten im PIM-System.

 

Der 20-Minuten-Workflow: Live-Aufbau in der ATAMYA Product Cloud

Lassen Sie mich Ihnen zeigen, wie moderne PIM-Automation aussieht. Wir bauen gemeinsam eine intelligente Produktfreigabe - vom ersten Klick bis zur fertigen Automation.

Unser Szenario:

Ein neues Produkt wird angelegt → automatische Qualitätsprüfung → parallele Bearbeitung durch verschiedene Teams → finale Freigabe mit Datenblatt-Generierung. Die Grafik zu diese Workflow finden Sie unter Schritt 5.

 

Schritt 1: Der Start-Trigger (2 Minuten)

Jeder Workflow beginnt mit einem Auslöser: in unserem Beispiel ist das die Erstellung eines neuen Produkts. Sobald ein Produkt angelegt wird, startet der Prozess automatisch. In der ATAMYA Product Cloud wird dieser Auslöser als Signal Start-Event umgesetzt und das geht ganz einfach:

Dazu ziehen Sie im Workflow-Editor ein Start-Event auf die Arbeitsfläche, ändern es in ein Signal-Start-Event (Dreieck-Symbol) und wählen anschließend das Signal „businessObjectCreated“ aus.

Ab diesem Moment gilt: Jedes Mal, wenn ein Produkt erstellt wird (ob manuell, per Import oder API), startet der Workflow automatisch. So entsteht mit nur wenigen Klicks ein intelligenter Startpunkt, der die Automatisierung zuverlässig in Gang setzt. Und das ohne Programmierung und ohne IT-Aufwand.

 

Schritt 2: Intelligente Weichenstellung (5 Minuten)

Im nächsten Schritt entscheidet der Workflow automatisch, welchen Weg ein neues Produkt nimmt. Über ein sogenanntes Exclusive Gateway wird geprüft, ob es sich um ein Standardprodukt handelt oder um eine Sonderentwicklung. Standardprodukte durchlaufen den Express-Workflow, während alle anderen zunächst eine manuelle Vorabprüfung durch das Produktmanagement durchlaufen.

In der ATAMYA Product Cloud lässt sich diese Logik ganz einfach definieren mit folgender Bedingung: ${masterDataService.getBusiness­ObjectAttribute(businessObjectId, domainId, „produkttyp“) == ’standard‘}

Damit wird klar festgelegt: Standardprodukte gehen direkt in die parallele Bearbeitung, alle übrigen werden zunächst geprüft und anschließend weitergeleitet. Das sorgt für Transparenz, Effizienz und fehlerfreie Abläufe, ohne dass technisches Know-how erforderlich ist.

 

Schritt 3: Parallele Power (8 Minuten)

Im dritten Schritt laufen mehrere Aufgaben gleichzeitig ab. Über ein Parallel Gateway werden drei Prozesse gestartet:

  • eine automatische Kategorisierung (Service Task),
  • der Start der DeepL-Übersetzung (Service Task),
  • und ein Marketing-Review (User Task), das dem entsprechenden Team zugewiesen wird.

Die Service Tasks laufen vollautomatisch im Hintergrund, während der User Task an das Marketing-Team zugewiesen wird. Das System wartet, bis alle drei Aufgaben abgeschlossen sind, bevor es weitergeht.

Weil die Aufgaben parallel laufen, sinkt die Bearbeitungszeit deutlich: Statt rund 90 Minuten dauert der gesamte Abschnitt nur etwa 30 Minuten.

 

Schritt 4: Intelligente Qualitätsprüfung (3 Minuten)

Bevor ein Produkt freigegeben wird, prüft der Workflow automatisch die Datenqualität.

Ein Exclusive Gateway legt anschließend fest, welche Richtung der Workflow nimmt: Wenn Fehler vorhanden sind, wird das Produkt zur Nachbearbeitung an das Produktmanagement zurückgegeben. Sind keine Fehler gefunden, folgt die Freigabe und die Datenblatt-Generierung.

Die Automation-Logik lautet: ${masterDataService.getBusiness­ObjectQualityResult­(businessObjectId, domainId).summary.errors > 0}

Übersetzt: Das Gateway prüft automatisch die Datenqualität des Produkts und leitet nur fehlerfreie Produkte zur Freigabe weiter.

 

Schritt 5: Der Automatisierungs-Turbo (2 Minuten)

Zum Abschluss führt der Workflow drei automatisierte Aufgaben hintereinander aus: Zuerst wird das Produkt aktiviert, anschließend das Datenblatt generiert, und zum Schluss erfolgt die Synchronisation in den Online-Shop.

Diese Schritte laufen vollautomatisch in der ATAMYA Product Cloud ab, ganz ohne manuelles Eingreifen. So entsteht ein durchgängiger, effizienter Freigabeprozess, der Wochen an Koordinationsarbeit spart und die Datenqualität nachhaltig verbessert.

Manuell dauert der gesamte Prozess rund sechs Wochen – begleitet von über 15 E-Mail-Schleifen, 23 manuellen Arbeitsschritten und einer Fehlerquote von 40 Prozent im ersten Durchlauf.

Dank BPMN Automation wird dieser Ablauf vollständig automatisiert: So liegt die Durchlaufzeit bei nur zwei Tagen, es gibt keine E-Mail-Abstimmungen mehr, nur noch drei manuelle Eingabepunkte und die Nachkorrekturquote sinkt auf gerade einmal fünf Prozent.

Vorher (manueller Prozess) Nachher (BPMN-Automation)
6 Wochen Durchlaufzeit 2 Tage Durchlaufzeit
15+ E-Mail-Schleifen 0 E-Mail-Koordination
23 manuelle Arbeitsschritte 3 manuelle Eingabepunkte
40 % Fehlerquote< 5 % Nachkorrekturquote

 

Warum BPMN in PIM-Umgebungen?

Das fragen mich Kunden oft: „Warum BPMN und nicht einfachere Workflow-Tools?“

Die Antwort liegt in der universellen Verständlichkeit:

BPMN ist ein internationaler Standard (ISO/IEC 19510) - und genau das macht ihn so wertvoll.

Business-Seite versteht es sofort: Produktmanager:innen erkennen Prozessschritte auf Anhieb, das Marketing sieht klar ihre Aufgaben im Workflow, und das Management identifiziert Bottlenecks und Optimierungspotenziale auf einen Blick.

IT-Seite kann direkt arbeiten: Entwickler:innen verstehen die Implementierungsanforderungen, Systemarchitekt:innen sehen Integrationspunkte, und DevOps-Teams können das Performance-Monitoring ohne Übersetzungsschleifen einrichten.

Keine „Übersetzungsarbeit“ zwischen Abteilungen mehr:

Statt endloser Meetings über „Was macht der Workflow eigentlich?“ zeigen Sie einfach das BPMN-Diagramm. Jede Abteilung versteht es, kann mitreden und Verbesserungsvorschläge vorschlagen.

Das Ergebnis: Workflows werden nicht mehr in IT-Silos entwickelt, sondern gemeinsam von Business und IT optimiert.

 

Der Produktmanagement-Perspektive: Was Sie wirklich brauchen

Nach über 20 Jahren Projekterfahrung weiß ich: Produktmanager:innen wollen Kontrolle, nicht Komplexität.

Was Sie brauchen:

  • Sofort verständliche Workflows
  • Schnelle Anpassungen ohne IT-Tickets
  • Klare Übersicht über Prozessstatus
  • Flexibilität für verschiedene Produkttypen

Was Sie NICHT brauchen:

  • Programmierkenntnisse
  • Monatelange Implementierungen
  • Starre Templates ohne Anpassungsmöglichkeiten
  • IT-Abhängigkeit bei jeder Änderung

BPMN in ATAMYA Product Cloud liefert genau das: Die Power von Enterprise-BPMN mit der Benutzerfreundlichkeit eines modernen Tools.

 

BPMN-Grundlagen: Die 5 Symbole, die Sie kennen müssen

Für Ihren Workflow-Erfolg brauchen Sie nur fünf BPMN-Symbole zu verstehen:

  1. Kreis = Start/Ende Events
  2. Rechteck mit Person = User Tasks (manuelle Aufgaben)
  3. Rechteck mit Zahnrädern = Service Tasks (automatische Aufgaben)
  4. Raute mit X = Exclusive Gateway (Entscheidung)
  5. Raute mit + = Parallel Gateway (gleichzeitige Abläufe)

 

 

Das war’s. Mit diesen fünf Symbolen können Sie rund 80 Prozent aller Produktprozesse modellieren.

 

Ihre nächsten 30 Minuten: Der Quick-Start

Und nun eine kleine Aufgabe für Sie: Nehmen Sie Ihren häufigsten Produktprozess und zeichnen Sie ihn als BPMN-Diagramm. Auf Papier. Mit Symbolen:

  • Kreise = Start/Ende
  • Rechtecke = Manuelle Aufgaben
  • Zahnräder = Automatische Aktionen
  • Diamanten = Entscheidungen
  • Plus = Parallel-Bearbeitung

Sie werden zwei Dinge feststellen:

  1. Ihr Prozess hat wahrscheinlich mehr Entscheidungspunkte als gedacht (meist acht bis zwölf statt der erwarteten drei bis vier)
  2. 70 Prozent der Aufgaben könnten automatisiert werden: Datentransfer, Benachrichtigungen, Standard-Prüfungen

 

Praxis-Tipp: Die 3 häufigsten BPMN-Anfängerfehler

Aus der Praxis zeigen sich immer wieder die typischen Stolperfallen:

Fehler 1: Zu detailliert starten

  • Falsch: Jeden Mausklick modellieren
  • Richtig: Mit Hauptprozessen beginnen, dann verfeinern

Fehler 2: Parallele Gateways vergessen

  • Falsch: Alles streng nacheinander durchlaufen lassen
  • Richtig: Fragen „Was kann gleichzeitig ablaufen?“

Fehler 3: Keine Exception Handling

  • Falsch: Nur den „Happy Path“ planen
  • Richtig: „Was passiert, wenn etwas schiefgeht?“

 

Was kommt als Nächstes?

Im nächsten Artikel zeige ich Ihnen die eigentliche BPMN-Magie: Smart Routing mit intelligenten Gateways. Sie erfahren, wie Workflows zehnmal schneller entscheiden als Menschen – und dabei noch fehlerfreier sind.

Spoiler: Es geht um KI-basierte Produkttyp-Erkennung, automatische Qualitätsbewertung und selbstlernende Eskalations-Pfade. Plus: Wie Sie Ihr Team von Smart Workflows überzeugen, ohne dass es sich wie „noch ein Tool“ anfühlt.

Autor:
Damian Deßler
Senior MDM/PIM Consultant & Digital Transformation Architect bei synfion

Informationen zum Autor

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